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Was hat Onboarding mit Religion zu tun?

Kürzlich saß ich mit einem Kollegen zusammen und wir kamen auf religiöse Rituale zu sprechen. Es ging dabei um die Aufnahmerituale in eine Religionsgemeinschaft: bei Katholiken und Protestanten die Taufe und Kommunion bzw. Konfirmation, im Judentum die Bar Mizwa für Jungen bzw. Bat Mizwa für Mädchen, bei muslimischen Jungen das Beschneidungsfest …. Am Morgen danach dachte ich an unsere Unterhaltung und stellte fest, dass die Aufnahme und Begrüßung neuer Mitglieder unabhängig von der Religionszugehörigkeit immer ein Fest ist! Die Verläufe sind sehr ähnlich, es gibt den zeremoniellen Teil und den formlosen Teil, sozusagen die Party danach. Kürzlich war ich auf einer Erstkommunion als Gast eingeladen, daher konnte ich mich noch genau an den Ablauf erinnern. Dort fand zunächst ein sehr feierlicher Gottesdienst statt, anschließend ging es mit einer Feier im privaten Kreis weiter. Das Kommunionskind stand im Mittelpunkt und genoss die volle Aufmerksamkeit der Gemeinde, Familie und Freunde und es gab reichlich Geschenke.

Ein besonderer Tag für das Kind.

Nun stellt sich mir die Frage, wie es wohl wäre, wenn die neuen MitarbeiterInnen im Unternehmen mit gleicher Begeisterung und Aufmerksamkeit aufgenommen würden?

Die Realität sieht etwas anders aus, oft ist man froh, wenn der Arbeitsplatz schon eingerichtet ist und man nicht zunächst am „Katzentisch“ Platz nehmen, sich hilflos durch IT-Prozesse durchkämpfen oder einen eigenen Stuhl organisieren muss. Der oder die Vorgesetzte ist überrascht, dass es doch schon der 1. des neuen Monats ist, die Kollegen sind peinlich berührt und haben gerade wirklich keine Zeit, um sich um die Einarbeitung zu kümmern. Teilweise fühlt man sich eher als Eindringling oder Störfaktor und nicht als der/die MitarbeiterIn, um den/die man sich in den letzten Monate bemüht, einen langen Such- und Auswahlprozess geführt und von dem/der man in den Verhandlungen die „Schokoladenseite“ kennengelernt hat. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Ein gutes Onboarding sieht für mich folgendermaßen aus:

Zeremonie

Bei Ankunft des oder der neuen KollegIn trommelt der/die ChefIn alle KollegInnen zusammen, begrüßt die Neuankömmlinge offiziell und stellt den eigenen Bereich vor, und auch die einzelnen Teammitglieder präsentieren sich und ihre Aufgaben.

Geschenke

Der Arbeitsplatz ist eingerichtet, IT-Systeme sind installiert und Login-Daten bereitgestellt, ein exklusiver Ansprechpartner benannt und eine Informationsmappe (gerne auch digital) sowie der Einarbeitungsplan mit weiteren AnsprechpartnerInnen liegen vor. Die Transparenz über den bevorstehenden Onboarding-Prozess ist hergestellt, der/die neue KollegIn hat ein klares Bild davon, was in den nächsten Wochen auf ihn oder sie zukommen wird. Weitere Aufmerksamkeiten, die das Wir-Gefühl stärken, könnten sein: Zutrittskarte, Blumen, Trinkflasche, ein Schlüsselband oder Handyhülle mit Company-Branding – die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Es ist die Geste, die den neuen MitarbeiterInnen das Gefühl vermittelt, im Unternehmen angekommen zu sein und wertgeschätzt zu werden.

Aufmerksamkeit

Zum Einrichten des Computers ist der „Pate“ oder die „Patin“ am Start und unterstützt. Dabei sollte so viel Unterstützung geleistet werden wie gewünscht, denn nicht jede/r mag, wenn ihr/ihm pausenlos auf die Finger geschaut wird. Eine gute Balance zwischen vertrauensvoller Zurückhaltung und aktiver Hilfsbereitschaft sollte beachtet werden. Für die neuen KollegInnen ist sehr hilfreich, das Team auch in einem privaten Rahmen kennenzulernen, daher ist ein gemeinsames Mittagessen am ersten Arbeitstag empfehlenswert. Informieren Sie die Neuen über die Aktivitäten, die außerhalb des Arbeitsplatzes stattfinden, denn auch diese stärken das Wir-Gefühl und sorgen für ein schnelles Ankommen in Team und Unternehmen. Zu den "Aufmerksamkeiten" zählt auch, dass die neuen KollegInnen alle wichtigen AnsprechpartnerInnen und EntscheiderInnen außerhalb des eigenen Teams ebenfalls kennenlernen. Daher sieht ein guter Einarbeitungsplan auch solche Gespräche vor, die im Vorfeld vereinbart werden.

Das regelmäßiges Feedback der jeweiligen Führungskraft ist unerlässlich, sowohl formlos als auch in strukturierter Form – um über die eigene Leistung zu reflektieren und Perspektiven aufzeigen.

Warum ist gutes Onboarding wichtig?

Eine neue Umfrage von Digitate, einem Anbieter von IT-Automatisierung und Künstlicher Intelligenz ergab, dass die MitarbeiterInnen, die einen schlechten Onboarding-Prozess erleben, doppelt so häufig einen neuen Job suchten und bereits nach den ersten Wochen jeder Fünfte (21,6%) den neuen Arbeitgeber nicht weiterempfehlen würden.

Vielleicht ist genau heute ein guter Tag, sich den eigenen Onboarding-Prozess kritisch anzuschauen? Egal was dabei herauskommt, ich wünsche Ihnen und Ihrem Team viel Erfolg!

Zur Studie: Im Auftrag von Digitate hat Research Now im März 2018 rund 1.500 MitarbeiterInnen in US-amerikanischen Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten befragt.

Wenn Sie Ideen oder Anregungen zu diesem Beitrag haben, freue ich mich über Ihre Kommentare.

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