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DAS GEHEIMNIS ERFOLGREICHER SOCIAL MEDIA-KOMMUNIKATION


Die Social Media sind inzwischen Mainstream geworden. Es gibt kaum noch Unternehmen, die sie nicht für ihre Kommunikationszwecke nutzen – auch im Rahmen einer wirksamen Recruiting-Strategie dürfen sie nicht fehlen. Von Facebook über Instagram, Xing, LinkedIn bis SnapChat ist alles vertreten. Doch was macht gute Social Media-Kommunikation aus, sodass am Ende die NutzerInnen zufrieden sind und sich aktiv in der Community engagieren. Diese Frage habe ich einem sehr geschätzten Kollegen, Social Media-Experten der ersten Stunde, Christian Jasper, gestellt. Christian war viele Jahre für den Aufbau einer 360-Grad-Marke für den TV-Sender sixx verantwortlich. Aktuell verantwortet er den Bereich „Conception“ bei der Agentur WE ARE SOCIAL. Über we are social wurde in letzten Wochen häufiger in der Fachpresse wie Horizont und W&V berichtet, unter anderem über den gewonnen Social Media-Etat für Audi Global.

Herzlichen Glückwunsch zum Audi-Deal! Wie habt Ihr das hinbekommen?

Das war ein klassischer Pitch-Prozess, der im Mai 2016 mit der Aufgabe startete, wie sich ein Cockpit abseits des Händlervertriebs vermarkten ließe, d.h. mit einer Analyse, auf welchem Kanal man agiert, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und welcher Inhalte man sich bedient (Bilder, Videos, Blogbeiträge...). Und wir sollten begründen, warum wir im Hinblick auf Agenturstruktur und -prozesse, Mitarbeiter, Preissegment der beste Partner sind. Wir sind in den Pitch mit über 20 Agenturen eingestiegen, darunter viele große und bekannte. Als wir den Anruf bekamen, dass wir unter den letzten drei seien, haben wir schon gefeiert. Anschließend gab es eine Pitch-Präsentation, die wir unserer we are social–Kultur entsprechend vorbereitet und durchgeführt haben: Wir sind „social“, wir sind „people related“ und wir sind ein globales Team. Ich glaube, uns als Agentur muss man erleben, um zu spüren, was uns von vielen Wettbewerbern unterscheidet. In der Präsentation haben wir versucht zu erklären, wie wir ticken und warum wir so große Lust haben, mit Audi zusammenzuarbeiten. Anschließend kamen Audi-Kollegen zu uns und haben sich Struktur und Zusammenarbeit in unserer Agentur angesehen. Das alles hat den Kunden überzeugt. Wir haben inzwischen nicht nur Audi, sondern auch VW als Kunden gewonnen und betreuen seit April alle Social Media-Kanäle von VW Financial Services.

Was ist der Unterschied, wenn man für eine eigene Marke arbeitet? Und wie ist es bei Euch, wenn man Social Media-Kanäle für unterschiedliche Marken betreibt?

Um beim Audi-Beispiel zu bleiben: Mein Team und ich haben uns an mehreren Tagen unterschiedliche Modelle von Audi ausgeliehen und sind damit herumgefahren, um herauszufinden, was das Besondere an den Audis ist, wie sie sich anfühlen, wie sie riechen, wie Fahrgefühl und Steuerung sind, um letztendlich beantworten zu können, warum jemand für einen Kleinwagen 40.000 EUR statt 15.000 EUR bezahlen soll. Wir haben das auch mit unterschiedlichen Marken aus dem Sportsegment gemacht: Wir haben das Werk besucht, die unterschiedlichen Produkte angefasst, getestet und erst dann mit der Arbeit an der Marke begonnen. Für mich persönlich ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, die Marke zu verstehen; das hat mich in meiner vorherigen und aktuellen Arbeit immer weitergebracht. Mein Team findet dies sehr inspirierend und motivierend.

Ich habe mich immer gefragt, wieso der sixx-Facebook-Kanal so durch die Decke gegangen ist.

Darfst Du uns ein paar Worte über die Strategie verraten?

Wir hatten eine starke Community! Um eine solche aufzubauen, ist enorm wichtig, dass UserInnen und Redaktion gleichberechtigt sind. Die Kommunikation darf nicht einseitig ablaufen, sondern die Redaktion muss der „Mensch hinter der Schattenwand“ sein, der Zuhörer, der Reaktionen, Anregungen und Rückmeldungen der UserInnen erfasst, auf einen gemeinsamen Nenner bringt und schnell darauf reagiert. Damit die UserInnen regelmäßig sehen, dass sie wahrgenommen werden und dass die Meinung der Community hohen Stellenwert hat.

Zwei Dinge sind mir persönlich besonders wichtig. Zum einen darf man keine Angst haben. Der größte Fehler, den man machen kann, egal um welchen Kanal es sich handelt, ist, Angst zu haben: Angst vor Shitstorm, Angst vor Imageschäden, Angst vor schlechten Kommentaren der Fans. Mit Angst als Begleiter kommuniziert man verhalten, das spürt die Community sofort. Ein Beispiel dazu: Wir haben bei sixx auf einen Werbespot zigtausend negative Kommentare erhalten, die Werbung sei sexistisch und sollte auf allen Kanälen "verboten werden". Keine Frage, negative Kommentare gehören zum Social Media-Alltag dazu und die gibt es täglich. Aber bei diesem Fall war irgendetwas anders. Wir haben ein negatives „Grundrauschen“ gespürt und es kam zum ersten, richtigen Shitstorm. Wir mussten und wollten im Detail verstehen, woher diese schlechte Grundstimmung kommt und haben uns mit wirklich allen Äußerungen auseinandergesetzt und den direkten, offenen Dialog gesucht. Dies hat uns sehr geholfen zu verstehen, dass wir mit dem Werbespot wirklich eine Linie überschritten hatten. Aber wir haben den Spot nicht einfach aus Angst vor Imageschäden aus dem TV und auf den Social Plattformen verbannt, sondern haben die Meinungen der User eingearbeitet und ihn angepasst. Wir blieben uns somit als selbstbewusste, authentische Marke treu und haben zeitgleich einmal mehr bewiesen, dass die Community einen wichtigen Part bei sixx einnimmt.

Der zweite Punkt ist, Mut zu haben. Bilder, Texte, Clips dürfen ruhig mal aus der Norm fallen. Und bitte kein Copy-Paste anderer Marken, ein eigener Sprach- und Bildstil sind extrem wichtig.

Bei sixx haben wir sehr gut verstanden, dass die TV-ZuschauerInnen nicht zwangsläufig mit den NutzerInnen auf Facebook identisch sind und dass es hier gewisse Unterschiede gibt. Wir sind alle stark visuelle Menschen im Team gewesen, deshalb haben wir uns eine typische TV-Zuschauerin und eine typische Facebook-Userin zeichnen lassen. Das hat jedem von uns in der Content-Produktion sehr geholfen.

Zusammengefasst: Wir haben die Zielgruppe gefunden und verstanden, und wir haben vom TV Sender für die Social Media-Aktivitäten ein Mandat erhalten, eine 360-Grad-Marke zu etablieren.

Wie ist Deine Einschätzung, was die Nutzung von Social Media-Kanälen im Karriere-Kontext betrifft?

Social Media sind ein riesiges Feld mit viel Potenzial, darüber Mitarbeiter zu gewinnen. Aber es erfordert Arbeit! Es fängt schon damit an, dass ich den Kanal danach auswählen muss, welche Stelle es zu besetzen gibt, etwa ob es sich um eine Senior Management-Stelle oder eine Art Director-Position handelt (Zielgruppendefinition). Auf LinkedIn beispielsweise muss eine Anzeige nicht visuell, sondern textlich stark sein. Auf Facebook ist es umgekehrt, unsere Aufmerksamkeit auf der Facebook Timeline ist extrem kurz, da reicht ein auffälliges Bild und wenig Text, um dann auf die Webseite umzuleiten. Leider sind die Facebook-Seiten häufig bunt und hip und die Stellenanzeigen sehr clean und konservativ, das passt nicht zusammen und schadet der Glaubwürdigkeit der Marke.

Wo siehst Du noch Potenzial, was die Nutzung neuer Kanäle, z. B. Instagram oder SnapChat, im Karriere-Kontext betrifft?

Grundsätzlich passt nicht jeder Kanal in allen Kontexten und, bevor man sich in 28 Kanälen verliert, sollte man lieber bei zweien bleiben, die aber ordentlich bespielen. Wenn ich zum Beispiel Westwing hieße und eine/n EinkäuferIn für den Bereich Home & Living suchte, dann würde ich es über Instagram versuchen. 75% aller NutzerInnen von Instagram beschäftigen sich mit Home & Living, Beauty, Life Style, Art, Design usw. Etwas anders ist es bei Facebook, hier sind schon sehr viele Nachrichten präsent – von der New York Times bis zur Süddeutschen Zeitung, Infos, Brandmarketing, Produktmarketing und, und, und. SnapChat passt auch nicht zu jeder Marke. Man muss sich ganz genau anschauen, zu welcher Zielgruppe und zu welcher Marke dieser Kanal passt. Vor allem junge Menschen sind hier stark vertreten, sodass sich das Recruiting für Ausbildungsstellen und Studienplätze besonders empfiehlt. Aber aus meiner Sicht ist die Art der Aufbereitung der Stellenanzeige genauso relevant wie die Frage, auf welchem Kanal beworben wird. Hier fällt mir immer wieder auf, dass die meisten sehr allgemein gehalten und für BewerberInnen nicht verständlich sind. Für erfolgreiches Recruiting ein No-Go. Um auf die Frage zurückzukommen, Instagram ist ein Content-Kanal, die Aufmerksamkeitsdauer auf Instagram ist deutlich höher als bei den anderen und der Kanal ist weniger überfrachtet. Über Instagram, sofern der Kontext passt, kann man noch viel rausholen.

Vielen Dank für das Interview.

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